Karl Foerster trifft die Blumenkraft. Mit voller Wucht. Schlage selber nach wer ihn nicht kennt. Mut zur Lücke bedeute nicht Mut zur Bildungslücke. Mitten in der Stadt. Große Räumlichkeit. Menschenansammlung. Treppenhäuser. Liftanlagen. Im tiefen Parterre die Stadtbibliothek der Eberswalder Bürgergemeinschaft.
Gemenge. Instrumentenkoffer. Weiter hinten im Gebäude erste Töne eines Akkordeons. Begrüßungen, von einfach bis floral. Angereist? Ja, angereist. Von wo? Von dort und da. Aha!
Vorbei an Karl Foersters Kleider- und Kostümkammer, Foersters Paravent für Umkleidefreudige, eingedunkelt, eingemummelt, eingekleidet, hängt, liegt und steht der Zwirn für zukünftige auf die Bühne-Bringungen Foerster‘schen Lebens. Mag er an die pflanzliche Herkunft seiner Kleidung gedacht haben?
Da!
Im Halbdunkel etwas strahlendes.
Aby Warburgs leuchtender Stern „Mnemosyne“. Sein Titel ein Stern, sein ergänzender Titel, der Schweif zu diesem Stern: „Mnemosyne, Bilderreihe zur Untersuchung der Funktion vorgeprägter antiker Ausdruckswerte bei der Darstellung bewegten Lebens in der Kunst der europäischen Renaissance.“ Ein Bilderwerk schön wie ein Garten und ebenso unvollendet.
Gespräche, Gemurmel und Geplänkel ziehen uns hinaus aus der Foerster und Warburg Welt. Musikalisches Durcheinander einer Orchesterprobe, Begrüßung lange einander nicht gesehen habender, Schriftsteller, Gartenkünstler, Schauspieler, Tänzer, Maler, Schreiber und die Musikanten. Beständig das Bild des Gartens, auch hier fügt sich unterschiedlichstes, verschiedenstes nach intensivem sich versuchen, es versuchen, zu einem Ganzen, erblüht zu einer einmaligen, im doppelten Wortsinne, einzigartigen Zusammenkunft von raren Exemplaren, um in einem wunderbaren Bild sich zu vereinigen, menschlich, musikalisch und künstlerisch und sich schon im Abklingen als verblüht erkannt zu haben und dennoch: als Erlebnis stets spürbar und haftend in und auf der Seele.
Öffentliche Probe und Aufführung der „Sinfonietta Campo de ́Fiori“ und gleichnamiger Ballade.
Gedanken an all jene, die ihrer Gedankenfreiheit, ihrer Freiheit, beraubt wurden, durch Zwang, Erniedrigung, Folter und Tod. Czesław Miłosz‘ Gedicht „Campo de‘ Fiori“, Gründungsgedanke der Gemeinschaft „Neuer Blumenplatz“ in Eberswalde, durchdringt das Geschehen, spürbar für alle die mit diesen Zeilen vertraut sind, es sind nicht wenige. Es könnten sicherlich mehr sein, aber die Natur hat mit einer kräftigen pandemischen Pranke zugeschlagen, nicht jeder der den „Blumenplatz“ besuchen will kann, darf oder will. Aber der „Blumenplatz“ verschwindet ja nicht, er ist gekommen, gesät, gestaltet, um in immer wieder neuer Form zu erstehen und zu erblühen. Da zu erblühen, wo nicht nur die Blutgerüste der katholischen Kirche, Menschenleben wie das von Giordano Bruno zerstört haben, der sich nicht mehr erlaubt hat als frei denken und leben zu wollen, sondern auch für alle anderen die den gleichen Wunsch hegten und ausdrückten und dafür mit ihrem Leben zahlten. Uns ergeht es besser, wir können zusammenkommen, haben Raum und Möglichkeit unsere Kraft und unsere Gedanken auszudrücken und dem weiterzureichen der sie annehmen möchte.
Beseelt und vielleicht auch etwas reicher streichen Besucher und Teilnehmer durch das Gebäude freuen sich auch an kulinarischen Darreichungen, sprechen über das eben Geschehene, Erlebte und Gehörte. Man will wieder zusammenkommen, will neue, andere Samen ausbringen auf dem „Neuen Blumenplatz“, denn:
„Frühling kommt und Venus, und ihnen voraus sind Venus‘ geflügelter Bote und Mutter Flora, auf den Fersen folgt ihnen Zephyr, und sie bereiten der Göttin den Weg, verbreiten mit den Blumen herrliche Farben und Wohlgerüche.“
Lukrez V:737ff
Und von Epikur, Lukrez, Empedokles und Hölderlin sprechen wir ein andermal. Finis.
Mitgewirkt haben, neben dem Publikum:
Rezitator der Ballade als Karl Foerster: Schortie Scheumann Paravant und Gestaltung des Karl Foerster Raumes:
Ina Abuschenko-Matwejewa und Schortie Scheumann Orchester für einen Tag:
Trompete: Thomas Huder (Max Raabe Palast Orchester)
Querflöte: Felix Reimann (Dortmunder Philharmoniker)
Trompete: Schortie Scheumann
Akkordeon: Friedrich Bassarak
Percussion: Andrew Sbik
Tuba: Jack Adler
Cello: Sonny Thet
Piano: Jonas Müller
Musikalisches Motiv: Wolfram Bodag
Tanzperformance: Thomas Maucher
Text: Peer Martiny
Konzeption und Organisation: Schortie Scheumann und
Ina Abuschenko-Matwejewa
Gefördert durch Stadt Eberswalde/ Kulturbühne und BBK Neustart Kultur